Gesundheitliche Auswirkungen von Vibrationen

Autorin



Drin Astrid Antes
AUVA – HUB
astrid.antes@auva.at

Vibrationen gehen oft mit Lärmeinwirkung einher und zählen zu den häufigsten Belastungen am Arbeitsplatz.

Bei der Verwendung von handgeführten Maschinen, aber auch bei der Benutzung selbstfahrender Arbeitsmittel sind die Arbeitnehmer/-innen Schwingungen ausgesetzt, die bei längerer Einwirkdauer eine Gesundheitsgefahr darstellen können.

Vibrationen können sich negativ auswirken auf

  • Befindlichkeit
  • Leistung
  • Gesundheit

Je nach Einleitungsstelle und Ausbreitung unterscheidet man Ganzkörper- und Teilkörperschwingungen. Die Einleitungsstellen für Ganzkörperschwingungen sind die Füße (z.B. beim Stehen auf Schiffen), das Gesäß (z.B. beim Sitzen auf Traktoren), selten der ganze Rumpf (z.B. beim Liegen im Schlafwagen). Die Einleitungsstelle für Teilkörperschwingungen ist typischerweise das Hand-Arm-System (Motorkettensäge, Presslufthammer etc.).

Die Wirkung wird außer durch den Ort der Einleitungsstelle auch noch durch Parameter wie Amplitude, Frequenz, Stoßhaltigkeit, Richtung und Dauer der Schwingung beeinflusst.

Ganzkörperschwingungen

Obwohl der Körper als Ganzes bewegt wird, schwingen die einzelnen Organe mit unterschiedlichen Amplituden und Phasenverschiebungen. Besonders unangenehm sind Resonanzphänomene (Eigenfrequenz des Organs = eingeleitete Frequenz). Je nach betroffenem Organ kann es zu Übelkeit, Harn- oder Stuhldrang, Kopfschmerzen, verminderter Sehschärfe oder Hautdurchblutung kommen. Als Folge der Vibrationen kommt es also zu Belästigung, Leistungsbeeinträchtigung bis erhöhter Unfallgefährdung und als Langzeitfolge zu Schäden an der Wirbelsäule mit Betonung der Lendenwirbelsäule, wobei sicher andere Faktoren mitverursachend sind (z.B. Tragen schwerer Lasten, Veranlagung, Durchblutungsstörungen aus anderen Gründen, …)

Wirkungen von Erschütterungen in Abhängigkeit von der Frequenz (aus Dupuis, Zerlett 1984)

Frequenzbereich Reaktionen
0,5 Hz Übelkeit, Erbrechen (Kinetosen)
3-7 Hz Schmerzen (Skelett, Körperhöhen)
4-8 Hz Behinderung der Atmung
10-18 Hz Harn- und Stuhldrang
13-20 Hz Kopfschmerzen
13-20 Hz Verzerrung der Sprache
20-25 Hz Verminderung der Sehschärfe (oszillierendes Bild auf der Netzhaut)
200-300 Hz Verminderung der Hautdurchblutung
generell
  • abnehmende Geschicklichkeit
  • Befindlichkeitsstörungen
  • zunehmende Unfallgefährdung

Hand-Arm-Schwingungen

Sie entstehen durch das Arbeiten mit handgeführten vibrationserzeugenden Arbeitsmitteln. Arbeitsmedizinisch relevant sind Frequenzen zwischen 8 und 1.000 Hz. Bezüglich des Schädigungsmusters am menschlichen Körper kann eine Grenze bei etwa 50 Hz gezogen werden: Knochen- und Gelenksschäden entstehen bei chronischer Einwirkung < 50 Hz, das VVS (vibrationsbedingtes vasospastisches Syndrom, „Weißfingerkrankheit“) > 50 Hz. Manche Geräte emittieren jedoch ein breites Frequenzband, die Betroffenen können also ein „breites“ Schädigungsmuster bekommen. Bei den Tastkörperchen der Finger sind -abhängig von der Frequenz -verschiedene Typen betroffen: Merkel’sche Tastkörper bei < 16 Hz, Meissner und Pacini bei 8-400 Hz. Bei niederen Frequenzen werden also eher Knochen, Knorpel und Gelenkskapseln geschädigt – vermutlich durch wiederholte Mikrotraumatisierung.

Der Ort des Geschehens wird nicht nur von der Charakteristik des Geräts bestimmt, sondern auch von benutzerseitigen Kriterien wie Anpressdruck, Übung, Ermüdung. Je höher die Andruckkraft, desto weiter werden die Schwingungen fortgeleitet (Handwurzelknochen – Handgelenk – Ellbogengelenk – Schultereckgelenk (Acromioclaviculargelenk). Für die Evaluierung bedeutet das, dass an Prüfständen ermittelte Frequenzen nur bedingte Aussagekraft haben, da die menschseitige Komponente fehlt.

Bei höheren Frequenzen kommt es eher zu einer Gefäßschädigung („Weißfingerkrankheit“). Anfallsartig, meist in der Kälte, werden die Finger 2-4 (5) der geräteführenden Hand helllila bis weiß, kalt und gefühllos. Die Wiederdurchblutung ist mit Schmerzen verbunden.

Bei den neurologischen Störungen handelt es sich um ein gestörtes Tastempfinden (z.B. Ertasten von glatten vs. rauen Oberflächen). Es wird auch diskutiert, dass andere Symptome wie z.B. der Vasospasmus neural (mit-)bedingt sind.

Literatur:

http://www.arbmed.med.uni-rostock.de/bkvo/bekvo.htm
Konietzko, Dupuis: „Handbuch der Arbeitsmedizin“, Ecomed Verlag
Griefahn: „Arbeitsmedizin“, Enke Verlag