Erkrankungen an der Hand und oberen Extremität – ein kurzer Überblick

Drin Gabriele Kriegs-Au Fachärztin für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
City Medical Center
cmc@aon.at
Stress im Alltag, nicht nur beruflich , sondern auch durch die schnelllebige Zeit bedingt, kann zu vermehrten Muskelverspannungen führen, die nicht nur an der Wirbelsäule , sondern auch an der oberen Extremität - allein oder in Kombination mit sich wiederholenden, gleichförmigen Bewegungen, verstärkten Kraftanwendungen, Vibrationen von Geräten oder auch bei Arbeiten unter unergonomischen Bedingungen - massive Beschwerden auslösen. Gelenkknorpel, Sehnen, Muskeln, Nerven und Gefäße unterliegen durch repetitive Mikrotraumata rezidivierendem Verschleiß oder Entzündungsprozessen, die unbehandelt etwaige Schäden nach sich ziehen können.
Unter RSI - repetitive strain injuries - werden vor allem beruflich bedingte Überanstrengungssyndrome zusammengefasst. Dazu zählen unter anderem Nervenkompressionen wie z.B. das Karpaltunnelsyndrom, der schnellende Finger, die Tendovaginitis de Quervain, der Tennisarm oder die Weissfingererkrankung. Zunehmend schnelle Informationsübertragung per „Handy-Mail“ hat in letzter Zeit den „BlackBerry Daumen“ in den Mittelpunkt von Diskussionen gerückt. Dabei werden Beschwerden der Daumenregion wie das Schnappen des Daumens, die schmerzhafte Bewegung des Daumens durch eine Reizung der Strecksehnenscheiden im ersten Strecksehnenfach oder Entzündungen der Daumengelenke, den repetitiven Bewegungen der Daumen beim Tippen der Nachrichten auf der Handytastatur zugeschrieben. Inwiefern diese Krankheitsbilder sicher dem „BlackBerry Daumen“ zuzuschreiben sind, sollten groß angelegte Studien analysieren.
Um die Beschwerden der Patienten/innen richtig einem spezifischen Krankheitsbild zuzuordnen, ist die genaue Analyse der Schmerzen, des Arbeits- und privaten Umfeldes, der möglichen auslösenden Faktoren sowie eine klinische Untersuchung im gesamtheitlichen Aspekt unumgänglich. Ergänzende Untersuchungen wie Blutbestimmungen, bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen, Ultraschalldiagnostik, Computertomografie oder Magnetresonanztomografie, Isotopendarstellungen, aber auch Gefäßmessungen und elektroneurografische Abklärungen der Nerven helfen exakte Diagnosen zu stellen. Damit ist es möglich, gezielte Therapien einzuleiten. Einen hohen Stellenwert nimmt jedoch die Prävention ein. Bewusste Verhaltensänderungen und Vermeidung auslösender Faktoren oder abgestimmte Trainingsprogramme können so zur Verhinderung von Beschwerden oder Erkrankungen beitragen.
Karpaltunnelsyndrom
Den Boden des Karpalkanals bilden die Handwurzelknochen, das Dach das Karpalband, eine starke bindegewebige Struktur. Im Karpalkanal selbst verlaufen die neun Beugesehnen der Finger und des Daumens inklusive ihrer Beugesehnenscheiden sowie der Mittelnerv, der Nervus medianus. Dieser übernimmt an der Handinnenfläche mit seinen sensiblen Faseranteilen die Gefühlsversorgung des Daumens, des Zeige-, Mittel- und der Hälfte des Ringfingers. Ein „Muskelast“, der hinsichtlich seines Abgangs vom Nervus medianus zahlreiche Variationen aufweisen kann, versorgt mit seinen motorischen Fasern Muskeln im Bereich des Daumenballens. Druckerhöhungen im Karpalkanal, sei es durch Schwellungen des Gewebes oder Verdickungen der Sehnenscheiden, durch entzündliche Veränderungen oder Raumforderungen, durch Verletzungen oder auch durch repetitive Bewegungen im Arbeitsablauf mit wiederholten Beugungen der Finger und des Handgelenks, führen zu einer Kompression des Nervus medianus. Schmerzen, nächtliche und später dauerhafte Gefühlstörungen, Kraftverlust und Koordinationsschwierigkeiten sind die Folge. Nach Ausschluss möglicher anderer Ursachen dieser Symptome können im Anfangsstadium Nachtschienen, physikalische Maßnahmen, Medikamente und Vermeidung der auslösenden Aktivitäten eine Linderung herbeiführen. Dies ist jedoch oftmals zeitlich limitiert. Die minimal invasive offene oder auch endoskopische Dekompression des Nervus medianus mit Durchtrennung des Karpalbandes kann die Einengung des Nervens beheben und zu seiner Erholung beitragen. Je geringer der Nerv zum Zeitpunkt der Operation geschädigt ist, umso besser und schneller ist seine Regeneration.
Schnellender Finger und Tendovaginitis de Quervain
Chronische Überlastung bzw. wiederholtes Greifen oder auch verstärkter, repetitiver Druck, der z.B. beim Halten einer Schere oder eines Schraubenziehers auf die Fingerbeugesehnen und deren Sehnenscheiden ausgeübt wird, führen zu einer Irritation der Sehnen. Nachfolgende Verdickungen dieser oder derer Sehnenscheiden sowie des Ringbandes A1 beim schnellenden Finger (trigger finger) bzw. des ersten Strecksehnenfaches bei der Tendovaginitis de Quervain bedingen ein Missverhältnis zwischen dem Durchmesser des Gleitkanals und des durchgleitenden Inhalts. Ein schmerzhaftes Schnappen beim schnellenden Finger bzw. Schwellungen und Bewegungsschmerzen des Daumens bei der Tendovaginitis de Quervain sind die Folge. Unter Umständen können anfänglich nicht operative Maßnahmen wie medikamentöse oder physikalische Therapien, Schonung und Ruhigstellung und unter größter Vorsicht vorgenommene Infiltrationen eine Besserung erbringen. Allerdings müssen Finger und Daumen, die nicht mehr bewegt werden können, ebenso wie Patienten/innen, die nicht auf die konservativen Therapien ansprechen, einer Operation zugeführt werden. Dabei wird beim schnellenden Finger das Ringband A1 durchtrennt, um wieder ein freies Gleiten der Beugesehnen zu gewährleisten. Eine postoperative, gezielt abgestimmte Therapie kann zu einer schnelleren Rehabilitation beitragen. Bei der Tendovaginitis de Quervain wird an der Unterarminnenseite (distal radial) die Spaltung des ersten Strecksehnenfaches durchgeführt und die kurze Daumenstrecksehne (Sehne des M. extensor pollicis brevis) und die Daumenabspreizsehne (Sehne des M. abductor pollicis longus) von der Einengung befreit.
Tennisarm (Epicondylitis humeroradialis)
Lateral bedeutet an der Außenseite des Ellbogengelenks. Dies ist diejenige Stelle, an der Patienten/innen Beschwerden bei einem „Tennisarm“ beschreiben. Die Streckmuskulatur, die das Handgelenk oder die Finger streckt, entspringt vom äußeren Epicondylus humeri, dem großen Knochenvorsprung am unteren Ende des Oberarms. Repetitive Tätigkeiten oder das Tragen schwerer Lasten mit gestrecktem Arm, Überlastungen beruflich, sportlich oder hobbymäßig, können neben Mikroverletzungen auch chronische Entzündungen der Sehnenursprünge hervorrufen. Schmerzen und weitere Verspannungen und Verkürzungen der Unterarmstreckmuskulatur sind die Folge. Analyse und Änderung der auslösenden Faktoren nehmen neben der heilgymnastischen Therapie einen großen Stellenwert ein. Andere konservative Maßnahmen beinhalten neben der Entlastung mit einer speziellen Bandage, die Infiltrations-, die medikamentöse und die physikalische Therapie. Oftmals gelingt noch vor einer Operation die Beseitigung hartnäckiger Beschwerden mittels Stosswellentherapie.