Einfache Maßnahmen zur Verbesserung der manuellen Lasthandhabung

Drin Susanne Pinsger
Arbeitsinspektionsärztlicher Dienst für Wien,NÖ, Bgld
post.ai1.arzt@
arbeitsinspektion.gv.at
Um die Situation von Sicherheit und Gesundheit im Betrieb zu verbessern, bedarf es nicht immer aufwendiger und kostspieliger Lösungen. Oft sind auch einfache Maßnahmen erfolgreich.
Sinnvollerweise können technische Hilfsmittel eingesetzt werden, wie beispielsweise Scherenhubtische, um die Arbeitshöhe anzupassen, oder andere einfache Maßnahmen gesetzt werden, indem z.B. Lasten in kleinere Einheiten aufgeteilt werden. In anderen Fällen wird es erforderlich sein, die Arbeit anders zu organisieren.
Grundvoraussetzung für alle Maßnahmen ist die Durchführung einer Evaluierung, bei der nicht nur die Belastung (Merkmale der Last, erforderlicher Kraftaufwand, Merkmale und Erfordernisse der Arbeitsumgebung, Anforderungen an die Arbeit) sondern auch die individuelle Arbeitsfähigkeit berücksichtigt wird.
Anhand einiger Beispiele wird gezeigt, wie, aufbauend auf die Ermittlung und Beurteilung der Belastung, einfache und zufriedenstellende Lösungen gefunden werden konnten:
- Gesundheitswesen: Verbesserung der Arbeitssituation durch organisatorische Maßnahmen und Lastminderung
- Verpackung von erzeugten Ofenkacheln: Höhenanpassung durch Scherenhubtisch beseitigt Rückenschmerzen einer Arbeitnehmerin
- Möbelindustrie: Organisatorische Maßnahmen und technische Hilfsmittel können zur Reduzierung der Belastungen der Arbeitnehmer beitragen!
- Nahrungsmittelindustrie: Höhenanpassung der Hubwagen beseitigt Rückenschmerzen der Arbeitnehmer/innen
Gesundheitswesen
Verbesserung der Arbeitssituation durch organisatorische Maßnahmen und Lastminderung
Tätigkeit
Einsortieren von Operations- Instrumentenkisten in ein Lagerregal. Eine Instrumentenkiste wog 18 kg bis 24 kg.
Ausgangssituation
Die Operationsinstrumente werden nach der Reinigung zum sterilisieren in Instrumentenkisten verpackt. Nach der Sterilisation werden die Kisten in Lagerregale einsortiert. Von hier werden sie bei Bedarf zu den einzelnen Operationssälen getragen. Die Lagerregale waren so angeordnet, dass teilweise schwere Instrumentenkisten über Kopf einsortiert werden mussten.
Probleme
Die Arbeitnehmer/innen beklagten sich über die sehr belastende Tätigkeit.
Beurteilung vorher
Gesundheitsgerechte und sichere Lasthandhabungstechniken wurden auf Grund der ungünstigen ergonomischen Bedingungen (Schwere der Last in Verbindung mit Überkopfarbeit) am Arbeitsplatz von den Arbeitnehmer/innen nicht angewandt. Daraus ergaben sich folgende belastende Haltungen:
- Last, wurde nicht körpernahe manipuliert (über Kopf Arbeit)
- gestreckte Arme
Die Bewertung mittels Leitmerkmalmethode (Version 1996) ergibt einen
MPW von mehr als 50.
Dies bedeutet, dass Gestaltungsmaßnahmen zur Verbesserung angezeigt sind.
Verbesserungen
Lagerungsorganisation, so dass Überkopfarbeiten entfallen. Die Instrumente wurden auf mehrere Kisten aufgeteilt, so dass das Lastgewicht ca. auf 10 kg bis 15 kg reduziert werden konnte.
Beurteilung nachher
Durch diese einfachen Maßnahmen erfolgte automatisch eine ergonomisch günstige Körperhaltung der Arbeitnehmer/innen und eine deutliche Reduktion der Belastung.
Durch diese Verbesserungen konnte die Beanspruchung der Arbeitnehmer/innen soweit minimiert werden, dass sie Zufriedenheit ausdrückten.
Erzeugung von Ofenkacheln
Höhenanpassung durch Scherenhubtisch beseitigt Rückenschmerzen einer Arbeitnehmerin
Tätigkeit
Umsetzen von Transportkartons, die mit Ofenkacheln befüllt sind, von einem Packtisch zur Palette. Ein Karton wiegt 30 kg bis 40 kg.
Ausgangssituation
Die Ofenkacheln werden auf Tischhöhe in Kartons verpackt. Anschließend müssen diese vom Tisch auf eine Palette geschlichtet werden. Die Palette war nicht höhenverstellbar auf Bodenniveau abgestellt.
Probleme
Die Arbeitnehmerin beklagte sich über die sehr belastende Tätigkeit und die dadurch verursachten Rückenschmerzen.
Beurteilung vorher
Gesundheitsgerechte und sichere Lasthandhabungstechniken wurden auf Grund der ungünstigen ergonomischen Bedingungen (Schwere der Last in Verbindung mit fehlender Höhenanpassung) am Arbeitsplatz von der Arbeitnehmerin nicht angewandt. Daraus ergaben sich folgende belastende Haltungen:
- Last, wurde nicht körpernahe manipuliert
- verdrehter Rumpf, gebeugter Rücken,
- gestreckte Beine
Die Bewertung mittels Leitmerkmalmethode (Version 1996) ergibt einen
MPW von 36.
Dies bedeutet, dass Gestaltungsmaßnahmen zur Verbesserung dringlich sind.
Verbesserungen
Anpassung der Arbeitshöhe durch Anschaffung eines höhenverstellbaren Scherenhubtisches. Dadurch konnten die Kartons in einer Ebene von Tischplatte direkt auf die Palette umgesetzt werden.
Beurteilung nachher
Durch diese einfachen Maßnahmen ergab sich automatisch eine ergonomisch günstige Körperhaltung der Arbeitnehmerin.
Durch diese Verbesserungen konnte die Beanspruchung der Arbeitnehmerin soweit minimiert werden, dass sie über keine Probleme mehr klagte.
Möbelindustrie
Organisatorische Maßnahmen und technische Hilfsmittel können zur Reduzierung der Belastungen der Arbeitnehmer beitragen!
Tätigkeit
Innerbetrieblicher Transport von Möbeln und Verladung in LKW. Die einzelnen Möbelstücke wiegen zwischen 40-60 kg.
Ausgangssituation
Möbel werden vor der Verladung kommissioniert und auf Paletten zusammengestellt. Von dort müssen die Arbeitnehmer meist alleine die Möbel herunterheben und in den LKW so schlichten, dass der vorhandene Platz im Laderaum optimal genützt wird.
Probleme
Die Arbeitnehmer beklagen sich über die sehr belastende Tätigkeit und bereits bestehende Rückenschmerzen.
Beurteilung vorher
Gesundheitsgerechte und sichere Lasthandhabungstechniken wurden auf Grund der ungünstigen ergonomischen Bedingungen (Schwere der Last in Verbindung mit Transporttätigkeit und Schlichten im LKW) am Arbeitsplatz von den Arbeitnehmern nicht angewandt. Daraus ergaben sich folgende belastende Haltungen:
- Last wurde nicht körpernahe manipuliert
- verdrehter Rumpf beim Schlichten im LKW mit z.T. Lastenmanipulation über Kopf
- Tragetätigkeit
Die Bewertung mittels Leitmerkmalmethode (Version 1996) ergibt einen
MPW von 152.
Dies bedeutet, dass Gestaltungsmaßnahmen zur Verbesserung dringend notwendig sind.
Verbesserungen
Innerbetrieblich wurden sowohl Hebehilfen als auch Transportwagen angeschafft, die einen Transport der Möbel bis zum Laderampe der LKW ermöglichen. Die Möbelstücke werden nur mehr von zwei Arbeitnehmern gemeinsam manipuliert und in die LKW verladen bzw. dort, wo es möglich ist, mittels Stapler. Weiters werden nur mehr leichtere Möbelstücke (z.B. Laden) auf anderen gestapelt.
Beurteilung nachher
Durch die organisatorischen Maßnahmen und technischen Hilfsmittel konnten eine ergonomisch günstigere Körperhaltung der Arbeitnehmer bei der Lastenmanipulation sowie eine geringere Belastung erreicht werden. Dadurch wurde die Beanspruchung der Arbeitnehmer soweit minimiert, dass sie über keine Probleme mehr klagten.
Nahrungsmittelindustrie
Höhenanpassung der Hubwagen beseitigt Rückenschmerzen der Arbeitnehmer/innen
Tätigkeit
Kommissionieren von bestellter Ware (Nahrungsmittel in Konservendosen, Gläsern, Plastikgebinde) und Beladen der Hubwagen, die keine Höhenanpassung besitzen.
Ausgangssituation
Die Waren, die bereits in größeren Gebinden mit einem Gewicht von 15-18 kg gebündelt sind, werden je nach Bestellung aus den Regalen genommen und auf Hubwagen ohne Höhenanpassung zusammengestellt. Die untersten Warenreihen müssen in unergonomischer Körperhaltung auf Bodenniveau des Hubwagens abgestellt werden.
Probleme
Arbeitnehmer/innen beklagen sich über die sehr belastende Tätigkeit und die dadurch verursachten Rückenschmerzen.
Beurteilung vorher
Gesundheitsgerechte und sichere Lasthandhabungstechniken wurden auf Grund der ungünstigen ergonomischen Bedingungen (Schwere der Last in Verbindung mit fehlender Höhenanpassung der Hubwagen) am Arbeitsplatz von den Arbeitnehmer/innen nicht angewandt. Daraus ergeben sich folgende belastende Haltungen:
- Last wurde nicht körpernahe manipuliert
- verdrehter Rumpf, gebeugter Rücken
- gestreckte Beine
Die Bewertung mittels Leitmerkmalmethode (Version 1996) ergibt einen
MPW von 88.
Dies bedeutet, dass Gestaltungsmaßnahmen zur Verbesserung dringend notwendig sind.
Verbesserungen
Anpassung der Arbeitshöhen durch Anschaffung von höhenverstellbaren Hubwagen. Dadurch konnten die Waren von den Regalen direkt auf die Hubwagen umgesetzt werden.
Beurteilung nachher
Durch diese Maßnahmen ergab sich eine ergonomisch günstigere Körperhaltung der Arbeitnehmer/innen.
Durch die Verbesserungen konnte die Beanspruchung der Arbeitnehmer/innen soweit minimiert werden, dass sie über keine Probleme mehr klagten.