Gestaltung Straßenbahn Fahrerarbeitsplatz in Wien

Autor



Ing. Franz Kaida office@voesi.at

Durch die völlige Neugestaltung des Fahrerarbeitsplatzes in den neuen Niederflur - Straßenbahnen der Wiener Linien unter Berücksichtigung ergonomischer Erkenntnisse konnte die Sitzhaltung der Fahrer/innen deutlich verbessert werden und so ein wesentlicher Beitrag zur Reduktion von Belastungen des Stütz- und Bewegungsapparates erreicht werden.

Die Wiener Linien GmbH & Co KG sind das größte österreichische Nahverkehrsunternehmen. Jährlich werden mehr als 772 Millionen Fahrgäste mit U-Bahn, Straßenbahn und Autobus befördert.

Im Straßenbahnbetrieb stehen 534 vier- und sechsachsige Triebfahrzeuge sowie Gelenkwagen in Niederflurbauweise im Einsatz. 1.400 Mitarbeiter/innen sind im Fahrdienst tätig.

Die gesundheitliche Belastung von Fahrer/innen ist extrem hoch, arbeitsbedingte Krankenstände und frühzeitige Arbeitsunfähigkeit sind die Folge. Ursachen sind u. A . Belastungen des Stütz- und Bewegungsapparates, Stress, unregelmäßiger Dienst sowie ungünstige klimatische Verhältnisse im Fahrzeug.

Durch die Gestaltung der Fahrerstände in den alten Fahrzeugen (mehr als 380) ergeben sich vielfach Zwangshaltungen für den Fahrer/die Fahrerin und repetitive Tätigkeiten wie Tastenbetätigung zum Öffnen und Schließen der Türen etc., die zu einer extremen Belastung des Stütz- und Bewegungsapparates führen.

Weitere Probleme ergeben sich durch mangelhafte Einstellung des Sitzes auf die Bedürfnisse des jeweiligen Fahrers/der Fahrerin, da beim Fahrerwechsel viele Fahrer/innen die Möglichkeit der aufwendigen, individuellen Einstellung des Sitzes nicht nutzen und die Sitz-Einstellung des Vorgängers übernehmen, wodurch sich oft zusätzliche Belastungen des Stütz- und Bewegungsapparates ergeben.

Die Wiener Linien strebten daher ergonomische Verbesserungen für den Fahrerplatz beim Bau der neuen Gelenkwagen in Niederflurbauweise an. Durch Befragung der Fahrer/innen und Bildung eines Arbeitskreises mit Einbeziehung von Vertretern der Fahrer/innen, der Arbeitsmediziner/innen und der Sicherheitsfachkräfte konnte mit wissenschaftlicher Betreuung durch das Institut für Betriebswissenschaften, Arbeitswissenschaft und Betriebswirtschaftslehre, Abteilung Arbeitswissenschaft der Technischen Universität Wien vom Fahrzeughersteller ein neuer Fahrerarbeitsplatz entwickelt werden, der folgende Gestaltungsmerkmale aufweist:

  • Neuer Sitz mit in den Armlehnen integrierten Betätigungsorganen für die häufigsten Schalthandlungen,
  • spezieller atmungsaktiver Stoffbezug,
  • rasche und einfache individuelle Verstellmöglichkeit des Sitzes,
  • in der Höhe verstellbare Pedale,
  • Klimatisierung der Fahrerkabine.

Bisher wurden mehr als 150 Fahrzeuge mit diesem neuen Fahrerplatz gebaut.

Erreicht wurde:

  • Eine zentral ausgerichtete Sitzposition des Fahrers und eine Betätigung der am häufigsten (Türen öffnen und schließen) und über die Zeit gesehen lang andauernden bis kontinuierlich auszuführenden Operationen (Sollwertgeber für Fahr- und Bremsbefehle) ohne Verwindung im Oberkörper, also ohne Zwangshaltungen durch Verlegung dieser Funktionen in die Armstützen,
  • Einstellmöglichkeiten für eine Abstimmung der Sitzposition (Sitzhöhe und Fußstützebene) und der entsprechenden Stellelemente (Sollwertgeber und Türfunktionstasten) auf die jeweilige Körpergröße,
  • vom Fahrer/der Fahrerin verstellbare Ausformung der Rückenlehne,
  • geringere Transpiration durch atmungsaktiven Sitzbezug und Klimatisierung der Fahrerkabine,
  • bedeutend höhere Akzeptanz des Arbeitsplatzes, gesteigerte Arbeitszufriedenheit, geringere Belastung des Stütz- und Bewegungsapparates.

Mittelfristig erwartete Verbesserungen:

  • Reduktion arbeitsbedingter Erkrankungen,
  • geringere Krankenstände,
  • geringere frühzeitige Arbeitsunfähigkeit .