Expertengespräche

Komm.Rat Dir. Jörg Schielin
SPAR Akademie,
Wien

DI Charlotte Salomon BMWA, Sektion Arbeitsrecht und Arbeitsinspektion Internationaler technischer Arbeitnehmerschutz
post@iii6.bmwa.gv.at
Verantwortungsbewusste Betriebe führen immer wieder Projekte durch, um Sicherheit und Gesundheit ihrer Arbeitnehmer/innen zu verbessern. Dahinter steckt viel Energie und Engagement aller Beteiligten: Von der Betriebsleitung über Projektleiter/innen, Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner/innen, Betriebsräte, Schichtleiter/innen, Ausbildner/innen bis hin zu den einzelnen Beschäftigten. Damit dieser Einsatz zum Erfolg führt, sind unterschiedliche Faktoren ausschlaggebend.
Im Interview mit Charlotte Salomon (Arbeitsinspektion) berichten zwei Experten über ihre Erfahrungen:
- Dr. Herbert Friesenbichler (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt)
- Komm. Rat Dir. Jörg Schielin (SPAR Akademie)
Die gelungene Intervention
ein Gespräch mit Dr. Herbert Friesenbichler (AUVA)
Herr Dr. Friesenbichler, Sie schreiben in Ihrem Beitrag „Betrieb und Gesundheit – Erfolgreich intervenieren“ über Stolpersteine und Erfolgsfaktoren bei der Intervention in Betrieben. Darin geht es um Ziele, Ansatzpunkte und Nachhaltigkeit bei Gesundheitsförderungsprojekten.
Sie waren an verschiedenen Gesundheitsförderungsprojekten wie beispielsweise dem AUVA-Fit beteiligt. Können Sie anhand Ihrer Erfahrungen näher auf die Erfolgsfaktoren eingehen? Aus welchen Gründen ein Projekt gestartet wurde und welche Erwartungen daran geknüpft waren?
Herbert Friesenbichler:
Ein schönes Beispiel ist ein Projekt, das wir in einem großen Produktionsbetrieb durchgeführt haben. Dort verrichten viele Arbeitnehmer/innen den ganzen Tag im Stehen Haltearbeit. Obwohl die einzelne Last gering ist, ergibt sich in Summe eine hohe körperliche Belastung, weshalb es immer wieder Klagen der Belegschaft gab. Diese Belastung schlug sich auch in den Krankenstandszahlen nieder.
Es bestand daher von der Unternehmensleitung Interesse, ein Projekt durchzuführen, um die körperliche Belastung zu verringern. Ziel war es, nicht nur die Krankenstände zu verringern, sondern auch das Wohlbefinden der Beschäftigten zu steigern.
Wir haben somit einen Erfolgsfaktor: Das Engagement der Firmenleitung.
Herbert Friesenbichler:
Richtig. Gleichzeitig waren alle anderen Hierarchieebenen beteiligt: Neben dem obersten Manager auch Standortleiter, Betriebsrat, Sicherheitsfachkraft, Schichtleiter und Mitarbeiter/innen. Es gab somit durchgehende Zustimmung auf allen Ebenen.
Wie erreicht man die Zustimmung?
Herbert Friesenbichler:
Wichtig ist zu kommunizieren, was im Rahmen eines Projektes möglich ist. Einerseits bedeutet das zu sagen, was erreicht werden kann, andererseits aber auch, welche Probleme auftreten können. Es kann bei den Beteiligten zu Unsicherheiten führen, wenn noch nicht klar ist, was in einem Projekt passieren soll. Bei komplexeren Vorhaben müssen Ziele, Inhalte und Ansatzpunkte oft erst gemeinsam mit dem Betrieb erarbeitet werden. Im Gegensatz zu ausgereiften „Beratungsprodukten“ - wie beispielsweise einer Ernährungsberatung - müssen die Inhalte erst definiert werden.
Dieser Prozess ist aufwendig. Obwohl am Ende dieses Prozesses Klarheit stehen soll, ist der Weg dorthin schwierig. Wichtig für die Zustimmung ist daher, Verständnis für den Prozess der Projektentwicklung zu wecken. Das bedeutet, dass es keine Patentlösungen mit vorhersehbaren Abläufen gibt. Unter Umständen können im Rahmen des Projektes unangenehme Dinge angesprochen werden, oft besteht Angst vor Bewertung durch Vorgesetzte oder durch Mitarbeiter/innen. Manchmal haben sich in den Köpfen der Menschen auch fixe Vorstellungen festgesetzt, was ein Projekt beinhalten soll oder wie es ablaufen soll.
Wenn diese Punkte geklärt sind, kann eine breite Zustimmung über den Verlauf des Projektes erreicht werden.
Die Vorbereitungsphase ist also besonders wichtig?
Herbert Friesenbichler:
Auf jeden Fall. Bevor die inhaltliche Arbeit beginnt, muss eine Vorfeldanalyse durchgeführt werden. Man muss wissen, wie der Betrieb „funktioniert“, welche Erfahrungen die Menschen im Betrieb schon gemacht haben. Beispielsweise ob es schon frühere Projekte gegeben hat, welche Maßnahmen dabei gesetzt und wie diese Aktivitäten von den Mitarbeiter/innen erlebt wurden. So hat es keinen Sinn, in einem Projekt Gesundheitszirkel einzurichten, wenn man mit diesem Konzept schon einmal Schiffbruch erlitten hat und das Werkzeug „Gesundheitszirkel“ negativ besetzt ist.
Es muss auf jeden Fall geklärt werden, was passieren darf und was nicht, welche Ziele es gibt und was das Unternehmen bereit ist zu investieren.
In der Vorbereitungsphase werden die Eigenheiten eines Betriebes erfasst. Dazu gehört, die betriebliche Kultur zu ermitteln, aber auch die Besonderheiten der Beschäftigten, was unter dem Begriff Diversity Management zusammengefasst werden kann.
Inwieweit spielen Betriebsgröße und Betriebskultur für die Planung des Projektes eine Rolle?
Herbert Friesenbichler:
Betriebsgröße und Betriebskultur haben einen entscheidenden Einfluss darauf, welche Instrumente und welche Ansatzpunkte gewählt werden. Sofern die Hauptprobleme noch nicht bekannt sind, müssen sie vor Ort erhoben werden. Das kann mittels Fragebogen oder in Gesprächsrunden erfolgen. In Kleinbetrieben wird man sinnvollerweise im direkten Gespräch den Problemen auf den Grund gehen, während in größeren Unternehmen Fragebögen praktikabler sind. Wenn die sprachliche Ausdrucksfähigkeit der Betroffenen eher gering ist, sollten hingegen auf Fragebögen verzichtet werden. Gegebenenfalls können die Mitarbeiter/innen auch beim Ausfüllen der Fragebögen unterstützt werden. Eine andere Möglichkeit ist es, standardisierte Fragbögen wie den ABI als Leitfäden für Gespräche zu verwenden.
Dabei muss man allerdings im Auge behalten, wozu Menschen bereit sind, Auskunft zu geben. Hier spielen religiöse, kulturelle und geschlechtsspezifische Unterschiede eine große Rolle. Es fällt in die Verantwortung der Projektleitung, diese Besonderheiten zu berücksichtigen.
Wie war das in dem von Ihnen beschriebenen Projekt?
Herbert Friesenbichler:
In diesem konkreten Fall war man sich seitens der Betriebsleitung der Probleme am Arbeitsplatz bewusst. In einem gemeinsamen Gespräch wurde herausgearbeitet, dass die körperliche Belastung der Schichtarbeiter verringert werden soll. Dazu sollten als Pilotprojekt in einer Schicht Maßnahmen getroffen werden. Der verantwortliche Schichtleiter war für das Projekt sehr offen und spielte eine wesentliche Rolle in der Kommunikation zwischen Belegschaft und Management. In Summe ist das Projekt gut angekommen und es gab weniger Beschwerden und Krankenstände.
Da es rein um die körperliche Belastung ging, gab es weniger Reibungspunkte. Viel heikler ist es, wenn psychosoziale Belastungen vorliegen oder es sinnvoll wäre, etwas an der Arbeitsorganisation zu ändern. Dabei spielen diese Fragen immer eine Rolle. Das kann aber leichter akzeptiert werden, wenn man sich an körperlichen Beschwerden orientiert.
Die Probleme waren evident und mussten daher nicht mehr erhoben werden. Trotzdem wurde ein kurzer Fragebogen verteilt, um herauszufinden, ob auch Stressbelastung eine Rolle spielt. Ansatzpunkte wurden von Firmenleitung und Schichtmeister festgelegt.
Oft genug hört man, dass Projekte angefangen werden, dann aber keine Ergebnisse zeigen.
Herbert Friesenbichler:
Das ist ein häufiges Problem. Ein Projekt muss etwas bewirken! Es ist ein Kardinalfehler, nur Fragebögen zu verschicken und Daten zu sammeln und danach ist Schluss. Das erzeugt nur Frustration. So ein Vorgehen ist nur dann vertretbar, wenn es sich um eine wissenschaftliche Datensammlung handelt, wobei allen Beteiligten klar gemacht werden muss, dass es keine Auswirkungen auf den Betrieb geben wird.
Um diesem unbefriedigenden Ende vorzubeugen, schließe ich einen „Vertrag“ mit dem Management ab, dass das Projekt durchgeführt wird und die Ergebnisse ernst genommen werden. Dieses Übereinkommen wird im Betrieb veröffentlicht, z.B. in der Mitarbeiterzeitung oder als Aushang am schwarzen Brett.
Sie erwähnen das Bekenntnis des Managements zum Projekt.
Herbert Friesenbichler:
Wenn ein Projekt erfolgreich und nachhaltig sein soll, ist ein Bekenntnis der Führung dazu unumgänglich. Der Betrieb muss vermitteln, dass es ernst gemeint ist: „Die Gesundheit der Beschäftigten ist uns etwas wert“. Es müssen allerdings auch ausreichende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Die Beschäftigten müssen die Zeit erhalten, um Schulungen zu besuchen, es muss ausreichend Pausen geben.
Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit der Arbeitnehmer/innen dürfen sich nicht darauf beschränken, dass der berühmte Obstkorb zur Verfügung gestellt wird.
Wenn wir die Planungsphase hinter uns lassen, was ist besonders wichtig für den Verlauf eines Projektes?
Herbert Friesenbichler:
Das wichtigste in einem Projekt sind die Menschen, die es tragen. Im genannten Fall war das zum einen der externen Betreuer, der einen guten Draht zu den Menschen im Betrieb fand und immer wieder kreative Ideen entwickelte.
Um zu erreichen, dass sich die Mitarbeiter/innen mit dem Projekt identifizieren, müssen die Projektbetreuer/innen den richtigen Ton treffen und auf Belehrungen verzichten. Begeisterung entsteht, wenn die Menschen im Betrieb aktiv eingebunden werden. Das geht über eine reine Befragung hinaus. Beispielsweise wurde bei unserem Gesundheitsförderungsprojekt eine Art „Model-Shooting“ durchgeführt, wo Mitarbeiter/innen das ergonomisch richtige Arbeiten demonstriert haben. Davon wurden Plakate erstellt und an prominenter Stelle im Betrieb angebracht.
Zum anderen muss ein Projekt den Mitarbeiter/innen erlauben, persönliche Ziele zu verfolgen, sich zu profilieren. Wenn ein Projekt es Menschen ermöglicht, Respekt und Ansehen zu erlangen, werden sie sich viel stärker damit identifizieren. Das trägt wesentlich zur Nachhaltigkeit bei.
Was sollte noch beachtet werden?
Herbert Friesenbichler:
Projekte sind zeitlich begrenzt, sie haben einen Anfang und ein Ende. Sie können daher nur der Beginn einer Veränderung sein. Wenn ein Projekt keine bleibenden Spuren hinterlässt, so gehen mit seinem Ende auch die Inhalte verloren. Will man diese Inhalte bewahren, so sollte es ein Folgeprojekt geben bzw. kann man auf andere Art nachstoßen.
Genau genommen muss man das schon im Vorfeld überlegen: was wird passieren, wenn die Experten von außen weg sind.
Arbeitsbewältigungsindex Der ABI-Fragebogen
Der ABI setzt sich aus sieben Hauptfragen zusammen: (1.) Die Arbeitsfähigkeit im Verhältnis zur besten Lebensarbeitsleistung, (2.) die Arbeitsfähigkeit im Verhältnis zu den physischen und mentalen Arbeitsanforderungen, (3.) die Anzahl chronischer Leiden, (4.) die durch diese Leiden verursachten subjektiven Nachteile, (5.) die in Tagen gemessene Anzahl der krankheitsbedingten Ausfälle, (6.) die eigenen Erwartungen hinsichtlich der Arbeitsbewältigung über den Zeitraum der nächsten zwei Jahren und (7.) mentale Ressourcen.
Projekt Richtige Bewegung
Ein Interview mit Kommerzialrat Direktor Jörg Schielin (SPAR Akademie Wien)
Jörg Schielin ist Leiter der SPAR Akademie Wien, einer privaten Berufsschule mit Öffentlichkeitsrecht. Diese Berufsschule bietet Jugendlichen eine umfassende Ausbildung, die seit 2003 auch das "Richtige Bewegen" beinhaltet.
Herr Komm. Rat Schielin: Was war der Auslöser dafür, „Richtige Bewegung am Arbeitsplatz“ in den Ausbildungsplan der SPAR Akademie aufzunehmen?
Jörg Schielin:
Seit Bestehen der SPAR Akademie war es das Ziel, den Jugendlichen eine ganzheitliche und nachhaltige Ausbildung zu geben. Wir bieten eine dreijährige Lehrlingsausbildung für den Einzelhandel, wie „Einzelhandel Schwerpunkt Lebensmittel“ oder „Fleischfachverkauf“ an. Dabei stellt sich für uns immer wieder die Frage: Was sollte ein Jugendlicher in diesen drei Jahren lernen? Wir wollen eine berufliche Grundausbildung schaffen, auf der die jungen Menschen ihr restliches Berufsleben lang aufbauen können. Dabei geht es nicht nur darum, fachliche und soziale Kompetenz zu vermitteln, sondern auch das persönliche Wohlbefinden zu fördern. Das betrifft sowohl die physische als auch die psychische Komponente.
Ergonomie ist dabei nur ein Teil eines Gesamtpaketes, das unter anderem auch gesunde Ernährung, Sicherheit am Arbeitsplatz und einen 16-stündigen Erste-Hilfe-Kurs beinhaltet.
Welche Ansatzpunkte gab es für das Projekt?
Jörg Schielin:
Für uns gilt: „Der Mensch ist die Quelle des Erfolgs.“ Wir haben Jugendliche mit sehr unterschiedlichen Potentialen bei uns. Jeder Jugendliche hat spezielle Fähigkeiten. Diese Talente wollen wir fördern. Ziel ist es, unsere Lehrlinge zu zukünftigen Führungskräften heranzubilden. Sie sollen dann nicht nur andere Menschen bei der Arbeit anleiten, sondern selbst ohne körperliche Beschwerden ein Leben lang im Betrieb sein können und ihren Beruf ausüben.
Aus meiner persönlichen Erfahrung als Lehrling und später als Ausbildner war es mir ein besonderes Bedürfnis, den Jugendlichen eine Hilfestellung zu geben. Unser Projektteam mit Sicherheitsfachkraft und Arbeitsmediziner hat gemeinsam mit externen Fachleuten ein Konzept für eine modulare betriebliche Gesundheitsförderung ausgearbeitet, das wir der Geschäftsleitung präsentiert haben. Gemeinsam mit der SPAR Zentrale in St. Pölten wurde dieses Projekt dann umgesetzt.
Sie sprechen von den körperlichen Belastungen.
Jörg Schielin:
Im Handel üben wir zum größten Teil einen stehenden Beruf aus: Hinter den Verkaufstheken, im Lager, beim Einschlichten in die Regale. Gleichzeitig werden aber auch viele Handwerkzeuge, wie Messer oder Wurstschneidemaschinen, bei denen die Verletzungsgefahr groß ist, verwendet. Die größte Belastung ist jedoch immer die händische Manipulation von Lasten.
Bei den Jugendlichen kommt hinzu, dass sie durch die Schule jahrelang eine „sitzende Tätigkeit“ ausgeübt haben. Wenn sie dann beginnen, sich den ganzen Tag körperlich zu betätigen, ist das für sie ungewohnt und vorerst anstrengend.
Wie wird Ergonomie konkret in die Ausbildung eingebaut?
Jörg Schielin:
Wir verfolgen ein ganzheitliches Konzept mit einem theoretischen und einem praktischen Teil. Zu Beginn steht ein zweistündiger Präventionsworkshop, in dem sich die Lehrlinge gemeinsam mit der Sicherheitsfachkraft, dem Arbeitsmediziner und den Fachlehrer/innen das Thema erarbeiten. Am Ende erhalten alle ein persönliches Fotoheft als Lernunterlage. Dieses Heft enthält Beispiele aus jedem Arbeitsbereich, für jeden Ablauf. Auf der linken Seite sieht man die falsche Bewegung in rot, daneben die richtige Haltung in grün.
Als zweite Stufe wird das Gelernte in die Praxis umgesetzt. In unserer Filiale in der Hietzinger Hauptstraße werden im Verkaufsraum, im Lager und im Büro praktische Übungen durchgeführt. Jede dieser Übungen wird zunächst vorgezeigt, von den Lehrlingen nachgemacht und dann mittels Wiederholung und Kontrolle gefestigt.
Dabei handelt es sich beispielsweise um richtiges Heben und Tragen von Waren, um die richtige Körperhaltung beim Einschlichten in Regale in unterschiedlicher Höhe oder beim Kassieren, aber auch um die richtige Sitzhaltung im Büro.
Ziel ist es, die richtigen Bewegungsabläufe zu automatisieren. Wichtig ist auch, die Ausbildner/innen auszubilden. Abteilungsleiter/innen und Marktleiter/innen sollen am Arbeitsplatz korrigierend eingreifen.
Welche Erwartungen haben Sie an das Projekt?
Jörg Schielin:
Unfälle und körperliche Beschwerden mindern die Lust am Arbeiten. Hier wollen wir zu Beginn der Berufslaufbahn entgegensteuern, indem wir die Jugendlichen für das Thema "Richtige Bewegung" sensibilisieren und das entsprechende Verhalten eintrainieren. Darüber hinaus erwarten wir uns, dass die Jugendlichen als Multiplikator wirken und jungen oder ungelernten Mitarbeiter/innen ergonomisches Arbeiten vorzeigen. Mittel- bis langfristig erwarten wir uns daher eine Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden aller unserer Beschäftigten im Verkauf.
Dass wir damit am richtigen Weg sind, zeigen uns die Jugendlichen immer wieder aufs Neue. Sie sind stolz auf ihr Können und geben es mit Begeisterung weiter, sei es daheim, wo sie ihrer Familie zeigen, wie man Semmeln aufschneidet, ohne sich zu verletzen, oder im Umgang mit jüngeren Lehrlingen.
Wie erreichen sie Nachhaltigkeit?
Jörg Schielin:
Nachhaltigkeit erreichen wir über einen dreistufigen Ansatz. Zum einen ist es die Arbeit in der Filiale. Hier werden die Lehrlinge von den Ausbildner/innen angehalten, die erlernte Arbeitshaltung stets einzuhalten. Zum anderen handelt es sich bei „Richtiger Bewegung am Arbeitsplatz“ um einen integrierten Schulstoff, der in allen drei Lehrjahren bzw. Berufsschulstufen wiederholt wird.
Als dritte Schiene veröffentlichen wir die Beispiele für "Richtiges Bewegen" in unseren Mitarbeiterzeitungen, die nicht nur jeder Lehrling gratis erhält, sondern mit einer Auflage von 6.000 („CONTACT“) bzw. 60.000 („TANNE“) an alle Mitarbeiter/innen des Konzerns gehen. In einem eigenen monatlichen Lernheft – SPAR Lernwelt – wird ebenfalls regelmäßig berichtet.
Wie sehen Sie den Erfolg Ihres Projektes?
Jörg Schielin:
Wir haben dieses Projekt im Jahr 2003 begonnen. Gesundheitliche Beschwerden durch unergonomisches Arbeiten sind allerdings Langzeitprobleme, die nicht so schnell in den Griff zu bekommen sind. Trotzdem kann man schon sagen, dass die Krankenstände zurückgegangen sind, und das, obwohl im gleichen Zeitraum die Zahl unserer Beschäftigten gestiegen ist. Das ergab auch eine Befragung zur Mitarbeiterzufriedenheit, die ausgezeichnete Ergebnisse zeigte.
Ganz unmittelbar sieht man den Erfolg des Projektes aber im täglichen Umgang mit den Lehrlingen. Die Jugendlichen sind interessiert, ein Zeichen dafür, dass das Thema stimmt und dass es zielgruppenspezifisch richtig vermittelt wird. Die Erleichterungen im Arbeitsalltag werden direkt gespürt. Dadurch haben die Jugendlichen ein direktes Erfolgserlebnis.
Der Erfolg unseres Projektes zeigt sich auch darin, dass unser Ausbildungsprogramm und das System der Lernhefte in die SPAR-Akademieklassen der neun Landesberufsschulen aufgenommen wurden, mit denen SPAR kooperiert.
Wie sehen sie die Zukunft?
Jörg Schielin:
Als nächsten Schritt wollen wir diese Ausbildung auch auf Ungarn ausweiten, wo es an drei Standorten SPAR-Akademieklassen gibt.
Was sehen Sie als besondere Erfolgsfaktoren?
Jörg Schielin:
Grundvoraussetzung für den Erfolg war natürlich, dass die Geschäftsleitung hinter dem Projekt stand und noch immer steht. Weiters ist es wichtig, WIE man Jugendliche für das Thema interessiert und wie die Lehrinhalte aufbereitet werden. Man kann sich nicht einfach nur auf Gesetze berufen oder darauf, dass bestimmte Dinge schlecht für die Gesundheit sind. In diesem Alter hat man dafür noch kein Interesse.
Entscheidend ist vielmehr, dass die Jugendlichen ein Gefühl für ihre eigene Kompetenz bekommen. Die Lehrlinge müssen sich „stark“ oder „wichtig“ fühlen können. Sie sollen selbst Ausbildner/innen werden und das weiter geben, was sie gelernt haben, weil sie stolz auf ihr Wissen und ihre Fähigkeiten sind. Deshalb ziehen wir auch ältere oder ausgelernte SPAR-Lehrlinge heran, um die neu Anfangenden auszubilden.